Keiner lebt vergebens

Interview mit dem Astrologen Thomas Otto Schneider

Von Dr. Alexandra Hildebrandt

Immer wieder höre ich im Zusammenhang mit der Astrologie den Begriff „Aszendent“. Welche Bedeutung hat dieser Aszendent eigentlich für das eigene Sternzeichen?



Der Aszendent ergibt sich aus der individuellen Geburtszeit und steht für die Veranlagung eines Menschen – er ist das Lebensthema. Das Sternzeichen hingegen stellt das Verhalten dar. Der Aszendent ist somit das „Was“, während das Sternzeichen das „Wie“ bezeichnet. Das Verhalten ist gewissermaßen das Förderband der Anlagen. Der Aszendent kann also ebenso wie das Sternzeichen durch alle zwölf Tierkreiszeichen vertreten sein. Angenommen ein Mensch hat den Steinbock am Aszendenten und das Sternzeichen Stier, dann verhält er sich eben nicht nur einfach wie ein Stier, sondern er verwirklicht das Steinbockthema wie ein Stier.

Der Steinbock wie ein Stier? Das hört sich jetzt ein wenig an seltsam an. Was bedeutet das?



Eines der Themen, die dem Steinbockprinzip entsprechen ist die Tradition und vom Stier ist bekannt, dass er Dinge mit großer Beharrlichkeit verfolgen kann. In dem Fall könnte es sich also um einen Menschen handeln, der die Tradition mit großer Beharrlichkeit angeht. Das ist zum Beispiel bei Queen Elisabeth II. so der Fall. Sie hat einen Steinbock-Aszendent und ist vom Sternzeichen Stier. Dass ihr Leben der Tradition gewidmet ist, liegt auf der Hand und ihre Beharrlichkeit ist legendär geworden. Die Astrologie misst also mit dem Aszendenten jedem Menschen ein eigenes Lebensthema zu. Ist das nicht schön? Selbst der vermeintlich unbedeutendste Mensch der Welt ist aus irgendeinem sinnvollen Grund auf diesem Planeten und mit der Feststellung und Deutung seines Aszendenten kommt man diesem Grund inhaltlich sehr nahe. Aus der Sicht der Astrologie ist also kein Mensch umsonst am Leben. Keiner lebt vergebens. Jedem geht es um irgendwas. Wenn der Astrologe dem Klienten das vermittelt, hilft er ihm dabei den Sinn in seinem Leben zu erkennen.

Der Astrologie wird übrigens oft vorgeworfen, dass das Raster der zwölf Tierkreiszeichen zu grob sei, es gäbe doch nicht nur zwölf verschiedene Menschentypen auf der Welt. Was sagen Sie dazu?

Allein aus der Kombination von Aszendent und Sternzeichen haben wir es bereits mit 12 x 12, also 124 prinzipiellen Fällen zu tun. Da in der Astrologie noch weitere Multiplikatoren hinzutreten, kommen wir schnell auf 12 x 12 x 12 x 12 Möglichkeiten und so weiter. Mit dieser Vielfalt lässt sich die Einzigartigkeit von Individuen sehr gut abbilden.

Müssen Sie die Menschen eigentlich konkret sehen, um das Horoskop zu erstellen?



Nein, aber es hilft. Prinzipiell ist die Anwesenheit des Horoskopeigners nicht nötig, es geht ja erstmal um eine inhaltliche Deutung, um die Benennung von Merkmalen und Zusammenhängen. Neulich habe ich für eine frisch gebackene Patentante das Horoskop ihres neugeborenen Patenkindes gedeutet und die Deutung im Gespräch mit ihr durch eine professionelle Tonaufnahme im Studio dokumentiert. Es war ihr Geschenk zur Geburt, das dem Patenkind vorgespielt werden soll, wenn es alt genug ist. Die Inhalte des Horoskops liegen ja bereits mit dem Moment der Geburt vor. Das Horoskop ist ein Geburtsbild. Wir kommen also nicht als unbeschriebenes Blatt zur Welt. Wir bringen inhaltlich alles mit. So ein Horoskop ist wie ein Samenkorn, sagen wir mal: das Samenkorn eines Baumes. Nur, was in diesem Samenkorn angelegt ist, kann sich im Verlauf des Lebens entfalten. Es kann an dem Baum kein einziger Ast wachsen, der nicht potenziell in dem Samenkorn veranlagt ist.

Was genau ist Ihr Handwerk? Wie gehen Sie vor?

Grundsätzlich kann man sagen: Die Astrologie ist eine besondere Art zu denken. Das Leben will immer wieder neu gedacht werden. Das reine Handwerk bezieht sich auf die astronomisch korrekte Berechnung des Horoskops. Der Rest ist mehr Kopf- und Seelenwerk. Meine Aufgabe ist es Menschen in allen Lebenslagen- und fragen zu beraten. Mein geistiger Werkzeugkasten ist gewissermaßen das Horoskop mit seinen Urbildern, welches individuelle Veranlagungen und Verhaltensformen und damit verbundene Lebenswege erkennbar macht. Durch die Deutung des Geburtsbildes kann ich die Potenziale eines Menschen, seinen Charakter, seine Stärken und Talente beschreiben. Schwerpunktthemen einer Beratung sind meist: Liebe, Ehe und Partnerschaft, Familie, Kindererziehung, Beruf und Berufung, Geld und Erfolg. Und natürlich Gesundheit. Meist kommt ein Klient auch mit einem bestimmten Thema zu mir, oder will nur einen einzigen Lösungssatz zu dieser aktuellen Angelegenheit hören. Den kriegt er dann meistens auch. Was auch mal vorkam: Eine Klientin, eine Prostituierte, wollte von mir einen 10-Punkte-Plan haben, wie sie sich am besten von ihrem Zuhälter lösen kann. Heute hat sie ihre eigene Kneipe in einem Kölner Vorort. Der Plan ist also aufgegangen.

Was haben Sie, was andere nicht haben?

Ich glaube, ich habe das Talent die Astrologie nicht nur als Faszinosum, sondern auch als etwas Heiliges zu vermitteln. Als etwas Großes. Die Astrologie ist ein Wunder. Ich würde das nicht sagen, wenn es meine Klienten nicht schon oft so erfahren hätten. Und in diesem Wunder ist etwas Heilendes, das sich durch das richtige Wort zum richtigen Moment zeigt. Dies gelingt mir immer wieder in astrologischen Beratungen – oder sagen wir besser: es passiert einfach – und das wirkt dann wie eine wunderbare Medizin. Lassen Sie sich einmal auf eine astrologische Begegnung mit mir ein, dann werden Sie es, so Gott will, selber erfahren.

Können Sie etwas zum Prozess sagen? Wie gehen Sie vor, wenn Sie z.B. die Grafik ausgedruckt haben? Wann beginnen Sie mit der Deutung?

Wenn ich ein berechnetes Horoskop vor mir sehe, ist das für mich wie eine dreidimensionale Landschaft: mit Hügeln, Bergen, Flüssen, Wiesen, Feldern, Abgründen oder auch Wüsten. Wenn ich Ihr Horoskop deute, beschreibe ich die Landschaft Ihrer Persönlichkeit und wenn Sie sagen: diese Landschaft kenne ich, dann habe ich Sie ganz gut beschrieben. Durch meine langjährige Erfahrung bei der Deutung muss ich mich nicht mehr tagelang vorbereiten, sondern spiele wie ein erfahrener Pianist vom Blatt ab. Die Frage ist nur immer in welcher Tonart ich spiele, damit mich der Klient am besten versteht.

Sind Sie nie überrascht oder gar erschrocken von dem, was Sie da manchmal erkennen?

Man lernt im Laufe seines Lebens durch die Astrologie Menschen von Grund auf zu lieben. Nicht nur wegen, sondern auch und gerade trotz ihrer Horoskope.
Wie wird man ein Meister der Astrologie? Wer ist für Sie ein solcher Meister?
Es gibt in der Astrologie keinen offiziellen Meisterbrief. Ohne gesetzlichen Schutz – wie auch? Da Astrologie Erfahrungswissen bedeutet, ist jener Meister, der dieses Wissen umfassend erlernt, durch eigene Erfahrungen bestätigt und verantwortlich bewahrt oder vermittelt. Außerdem gehört für mich hier zur Meisterschaft eine spirituelle Tiefe und ein riesengroßes Herz für Menschen dazu. Besonders für diejenigen, denen sonst niemand mehr zuhört.

Mögen Sie auf das Thema „Corona-Krise“ noch mal einen astrologischen Blick werfen?



Die Corona-Krise hat ein schöpferisches Potential, weil sie uns aus der gewohnten Lage heraus bringt oder uns in unserem „Sosein“ infrage stellt. Dieses instabile Milieu fordert neue Gedanken und Empfindungen heraus, zu denen wir ohne die Krise vielleicht niemals gekommen wären. Doch nur diejenigen, die sich der Krise öffnen, können davon auch im gesunden Sinne profitieren. Über den Umgang der einzelnen Sternzeichen mit der Krise, könnte man ein ganzes Buch füllen. Es tun sich vor allem die Erdzeichen schwer damit, Krisen als solche zunächst erst einmal anzuerkennen. Für die veränderlichen Luftzeichen ist es erfahrungsgemäß leichter. Bei den Wasserzeichen ist der Skorpion der Verschlossenste, wenn es darum geht neue und offensichtliche Wahrheiten oder Lebenssituationen anzunehmen. Als Krisenanzeiger treten horoskopisch die letzten drei Zeichen des Tierkreises mit ihren Planeten Saturn, Uranus und Neptun hervor. Wenn also beispielsweise der laufende Neptun ihren Deszendenten aspektiert, dann müssen Sie schon eine verdammt gute Ehe haben, damit es nicht zu Auflösungserscheinungen kommt.

Herr Schneider, danke für das Gespräch.