Mein erstes Wort war „Ball“

D-Jugend des 1.FC Köln 1968: 2.v.u.l. Thomas Otto Schneider

 

Interview mit Thomas Otto Schneider
Von Dr. Alexandra Hildebrandt

Ein Astrologe, der sich mit dem Thema Fußball beschäftigt. Eigentlich ja eine exotische Kombination. Gewähren Sie uns doch mal einen Einblick in ihren ganz persönlichen Bezug zum Thema Fußball! Haben Sie selbst Fußball gespielt?

Ja, meine ersten Tore habe ich für den DJK Südwest in Köln geschossen, da war ich zehn Jahre alt. Aber schon nach einem halben Jahr bin ich in die Jugend des 1.FC Köln gewechselt. Insgesamt war ich dann bis zur B-Jugend beim FC und war auch schon auf dem Sprung in die Schülernationalmannschaft – so nannte man die U16 damals – aber dann hatte ich meine erste Freundin und plötzlich andere Interessen als Kondition zu bolzen. Übrigens: Das erste Wort, dass ich als Kleinkind noch vor Mama und Papa sagen konnte war „Ball“.

Sind Sie auch durch Ihren Vater zum Fußball gekommen?

Ja, mein Vater war Mitte der Sechziger bei Renault in Köln beschäftigt und spielte dort in der Betriebsmannschaft. Es gibt ein Foto von mir, das zeigt, dass ich offenbar auch schon damals Interessen neben dem Fußballplatz hatte. Aber Spaß beiseite. Ich bin mit Fußball aufgewachsen und hab mein ganzes Taschengeld für Fußballbilder ausgegeben. Fußballer waren meine ganz persönliche Heiligen.

Früh übt sich: Freuden am Rande des Fußbalplatzes

 

An welches Spiel können Sie sich aus der damaligen Zeit erinnern?

An meinen ersten Besuch bei einem Bundesligaspiel, als mich mein Onkel Helmut mit ins Fußballstadion genommen hatte. Köln gewann damals 7:0 gegen Schalke 04. 7:0! Das muss man sich mal vorstellen! Ich glaube, einen besseren Einstand kann man gar nicht haben. Fortan war es um mich geschehen. Der „Virus“ – das mag man ja in der heutigen Zeit kaum sagen – war gesetzt. Seitdem wurde unaufhörlich gekickt. Das Schöne war: meine Eltern wohnten nicht so weit vom Geißbockheim entfernt, und als ich wenig später selbst dort in der Jugendmannschaft spielte, bin ich oft schon in Fußballklamotten dort zu Fuß hingelaufen. Einmal passierte dabei etwas Lustiges: Während ich im Laufschritt mich im Fußballtrikot auf dem Bürgersteig Richtung Clubheim bewegte, hielt plötzlich neben mir eine „Ente“ an, ein Citroen 2CV. Die Tür sprang auf und unser Nationaltorhüter und damaliger Schlussmann des 1.FC Köln Manfred Manglitz saß am Steuer, winkte mir zu und rief: „Komm steig ein, ich nehme dich mit!“ Ich tat wie mir geheißen. An unser Gespräch kann ich mich kaum noch erinnern. Ich weiß nur noch, wie die kaputte Tachonadel von Manglitz´ Ente immer hin- und herflippte. Komisch, was einem manchmal so in Erinnerung bleibt. In jedem Fall war ich wahnsinnig stolz, als ich vor den Augen meiner Mitspieler am Geißbockheim der Ente unseres Nationaltorhüters entstieg.

Haben Sie nie bereut aufgehört zu haben?

Nein, weil ich schon damals merkte, dass ich nicht den richtigen Körper für den Abnutzungssport Fußball hatte. Zu empfindlich. Allein meine Bänder haben mir da oft einen Streich gespielt. Trotzdem habe ich leidenschaftlich gerne Fußball gespielt.

Warum?

Wegen dem Flow. Jeder der schon mal Fußball als Mannschaftsspiel gespielt hat weiß, wie sehr man sich bei diesem Spiel vergessen kann. Es ist wie ein Rausch. Ein unbeschreiblich schöner Rausch. Mein erstes Tor für den 1.FC Köln werde ich nie vergessen. Ich weiß noch, wie ich als Jugendlicher nach den Spielen oft noch im Traum das Spiel weitergespielt habe. Einmal bin ich sogar von einem Schuss im Traum aufgewacht, weil ich die Bewegung in Realität tatsächlich unter der Bettdecke ausgeführt hatte.

Aber wenn Sie jetzt einem Fußballspiel live oder im Fernsehen zuschauen ist das doch was anderes. Wie empfinden Sie das heute?

Es macht einfach Spaß zweiundzwanzig Erwachsenen dabei zuzuschauen, wie sie wie Kinder hinter einem Bällchen herlaufen. Das Leben als Spiel zu sehen. Das können wir von den Fußballspielern immer wieder lernen. Und das tut not in einer ach so erwachsenen und vernünftigen Gesellschaft. Gerade heute. Das ganze Geld, die ganze Show heute im Profifußball ist Nebensache. Es geht ums Spiel, es geht um den Homo Ludens.

Sie haben sich mit dem Fußball auch schon mal künstlerisch auseinandergesetzt. Wie kam es dazu?

Aufgrund einer Einladung vom Studio Dumont in Köln, zur Fußballweltmeisterschaft 2006, der Heim-WM. Das war bisher meine größte Einzelausstellung.

Was gab es da zu sehen?

Kernstück war meine Installation „Fischkick“ – unter Wasser fußballspielende Fische.

Wie jetzt? Wirklich?

Ja, ich hatte in ein großes Aquarium einen Kunstrasenplatz verlegt, Tore aufgestellt und Wasser eingefüllt. Dann noch Fische und ein Ball dazu.

Fischkick 2006: Das Sommermärchen unter Wasser

 

Wie haben Sie die Fische dazu bekommen mit dem Ball zu spielen?

Mit einem kleinen Trick. Der Ball wurde mit Fischfutter gespickt und dann waren die Fische plötzlich daran interessiert und es ergab sich ein „Spiel“. Das Video davon lässt sich heute immer noch auf youtube anschauen. Der bekannte DJ Hans Nieswandt hatte den Soundtrack dafür komponiert.

Haben Sie Ihre Fußballbegeisterung eigentlich auch an ihre Söhne weitergegeben?

Beim Älteren hat’s wohl geklappt. Der Jüngere interessiert sich mehr für seine Freundin. Wer will es ihm verdenken?

Danke für das Gespräch, Herr Schneider.

 

Fischkick auf youtube: https://www.youtube.com/watch?v=oPjTyT1wgG8