Nichts oder alles ist wunderbar

 

Interview mit dem Astrologen Thomas Otto Schneider (Foto: Rozsa Szalontay)

Der Regisseur Stanley Kubrick mochte keine Interviews, weil er sich immer gezwungen gefühlt hat etwas Geistreiches zu sagen. Das scheint bei Ihnen nicht der Fall zu sein!

Doch, ich spüre diesen Zwang auch, aber im Gegenteil zu Kubrick liebe ich auch die Herausforderung, die jeder Interview-Frage innewohnt. Andy Warhol ist da für mich ein großes Vorbild, der aus jedem Interview versucht hat ein kommunikatives Kunstwerk zu schaffen. Darauf lege ich es nicht an. Aber nach 35 Jahren Astrologie bin ich pickepackevoll von Erfahrungen und Erkenntnissen und wundere mich manchmal selbst, was durch Ihre Fragen so alles hervorgerufen wird.

Hat man eigentlich als Astrologe immer das ganze Universum im Blick?

Symbolisch gesehen ja. Aber wir konzentrieren uns in der Astrologie auf einen winzig kleinen Ausschnitt, auf unser Sonnensystem. Das erkennen wir als stellvertretend und repräsentativ für das Ganze an. Dazu gehört die Sonne als unser Zentralgestirn und die Planeten, die die Sonne umkreisen. Wir machen uns ja nur selten bewusst, dass wir mit der Erde ständig auf Achse sind. Wir fliegen, auch jetzt gerade, mit einem Affenzahn um die Sonne und nur weil wir keinen Fahrtwind spüren, haben wir keinen unmittelbaren Bezug dazu. Ist aber Fakt. Und auch die anderen Planeten tun das: Venus, Merkur, Jupiter und Saturn und wie sie alle heißen. Sie alle fahren Karussell um die Sonne wie auf einer kosmischen Kirmes. Und das wirklich Verrückte ist: sie tun das alle regelmäßig. Jeder Planet hat seine Umlaufbahn und seine eigene Umlaufgeschwindigkeit. Und das Ganze ist auch noch mathematisch berechenbar. Erst diese Regelmäßigkeit macht die ganze Sache interessant. Das Rhythmische. Darauf basieren ja überhaupt erst Horoskope. Auf dieser Berechenbarkeit.

Seit über dreißig Jahren beschäftigen Sie sich nun mit der Astrologie. Was waren Sie eigentlich in Ihrem Vorleben?

Ich war Werbetexter. Früher sagte man auch Sprücheklopfer. Heute sagt man Copywriter oder auch Konzeptioner. Zwischenzeitlich habe ich auch als Gag-Autor gearbeitet. Damit habe ich übrigens mein Astrologiestudium finanziert: mit Witze schreiben.

Wie kam das?

Ich schrieb Anfang der 1980er-Jahre bei der Werbeagentur BBDO Werbetexte für RTL. Der Slogan lautete: „RTL. Erfrischend anders“. Offenbar fand der damalige RTL-Chef Dr. Thoma meine Ideen witzig, dass er mal nach einer Präsentation zu mir sagte: „Wenn Sie mal Lust haben bei uns zu arbeiten, rufen Sie mich an.“ Ein Jahr später war es so weit.

Waren Sie beim Fernsehen oder beim Radio?

Bei diesem Job war‘s erst mal Radio. Es ging immer um eine Schicht von einer Woche im Monat. Man ging abends um 23 Uhr ins Studio der Villa Louvigny – dem Funkturm von Luxemburg in Luxemburg – um dort Gags für die Morgensendung „Guten Morgen Deutschland“ zu schreiben. Die Sendung fing um 7 Uhr an. Danach war Feierabend und man ging tagsüber ins „Hotel Europe“ zum Schlafen.

Konnten Sie denn einfach so Gags schreiben?

Nein, ich hatte keine Ahnung. Aber Talent. Und ich hatte Glück, denn mein erster Gagautoren-Partner war Wolfgang Schobert, vom damaligen Liedermacher-Duo „Schobert & Black“. Der nahm mich unter seine Fittiche und weihte mich in die Geheimnisse des Gagschreibens ein. Das war ein richtiger Crash-Kurs. Nach drei Wocheneinheiten wusste ich, wie der Hase läuft. Klar, man muss schon so eine Art Grundhumor haben, aber es gibt dann eben auch eine ganze Reihe von Techniken und Sketch-Architekturen. Jedenfalls musste man einen Teil dieser Gags für den Moderator schreiben und einen Teil musste man als Sketche auch selber im hauseigenen Studio einsprechen.

Wolfgang Schobert: Crash-Kurs im Gag-Schreiben (Foto: Telefunken)

Auch live?

Teilweise auch live. Ich weiß noch wie ich mit dem RTL-Moderator Björn-Hergen Schimpf zum ersten Mal live auf Sendung war. Ein abstraktes Gefühl im Aufnahmestudio.

Können Sie sich noch an den ersten Gag erinnern, der von Ihnen über den Äther gegangen ist?

Klar, das war ein Ständchen für die amerikanische Schauspielerin Elisabeth Taylor anlässlich ihrer achten Heirat. Es wurde gesungen zu der Melodie von „Wenn die Elisabeth nicht so schöne Beine hätt“. Ich textete damals: „Wenn die Elisabeth nicht so viele Männer hätt / hätt sie viel mehr Freud / an ihrem Hochzeitskleid / doch da sie noch nicht satt / und jetzt schon den achten hat / ist das Kleid mein Gott / schon beinahe Schrott.“

Lustig, aber da ist auch Schadenfreude drin.

Die meisten Witze basieren auf Schadenfreude. Das ist schon das Seltsame am Menschen. Wenn einer auf einer Bananenschale ausrutscht, lachen wir. Und fragen erst danach, ob er sich dabei was getan hat. Dieser Job war nicht meine Berufung aber sehr gut mit meinem Astrologiestudium vereinbar. Dabei fällt mir ein: Ich könnte mal Björn-Hergen Schimpf in den Astropodcast einladen. Da würde sich auf seltsame Art ein Kreis schließen.

Was ist für Sie persönlich das Beste an der Astrologie?

Wissen Sie:  Es gibt diesen wunderbaren Gedanken „Nichts oder alles ist wunderbar!“ Es ist eben nur immer die Frage wie tief wir eintauchen. Letztlich stoßen wir – physikalisch gesprochen – immer wieder auf die Atome und das sind wahre Wunderwerke. Die Astrologie führt den Menschen auf seine Ursprünge zurück. Auf das Wesentliche. Und auch das ist wunderbar.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schneider.